Newsnational Sonntag, 18.02.2024 |  Drucken

Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus zum Jahrestag des Terroranschlages in Hanau: Gemeinsame Demonstrationen gegen rechts müssen viel deutlicher die Stimmung gegen Geflüchtete und Muslime thematisieren

Aiman Mazyek: “Insbesondere die hessischen Sicherheitsbehörden haben bei der Aufarbeitung der Fehler nach dem rassistischen Terror in Hanau bisher versagt“

Darmstadt/Hanau. Am 19. Februar 2020 ermordete ein rechtsextremer Täter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. Dieser Anschlag hat gezeigt: Rassismus tötet. Und der Umgang mit diesem Anschlag zeigt noch viel mehr über unsere Gesellschaft: Seit vier Jahren müssen Hinterbliebene nicht nur den Verlust ihrer Angehörigen und die Trauer ertragen, sondern sind auch mit einer nur schleppenden Aufarbeitung konfrontiert. Die aktuell anhaltenden deutschlandweiten Demonstrationen für Demokratie und gegen Rassismus der Zivilgesellschaft, auch in Hanau, lassen jedoch hoffen, dass viele Bürgerinnen und Bürger stärker um die Folgen rassistischen und antisemitischen Gedankenguts sensibilisiert sind. „Hanau steht zusammen“ hat darum eine umso wichtigere Bedeutung. Aus diesem Anlass wird der Auftakt der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Hanau auch 2024 wieder vorgezogen.

Hierzu sagte der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD) am Vorabend des Jahrestages zum 19.Februar: „Die Politik und insbesondere die Sicherheitsbehörden in Hessen hatten die Pflicht nach dem rassistischen Terror in Hanau Konsequenzen zu ziehen, damit sich solche Taten nicht wiederholen. Leider haben sie dabei bisher versagt. Auch die Medien hätten hier viel stärker als Korrektiv wirken müssen – Konsequenzen U-Ausschuss, Notruf, verschlossenen Tür oder Beamte mit nachgewiesenen rechtsextremistischen Haltungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Mehr denn je spüren wir, wie Stimmung gegen Geflüchtete und Muslime in unserem Land gemacht wird und sie werden oft fast widerstandslos zu Sündenböcken für Probleme in unserem Land in den politischen Debatten erklärt. Das muss endlich auch aufhören, wenn wir es erst meinen mit den gemeinsamen Demonstrationen im Land gegen rechts.“


"Mehr denn je spüren wir, wie Stimmung gegen Geflüchtete und Muslime in unserem Land gemacht wird und sie werden oft fast widerstandslos zu Sündenböcken für Probleme in unserem Land in den politischen Debatten erklärt. Das muss endlich auch aufhören, wenn wir es erst meinen mit den gemeinsamen Demonstrationen im Land gegen rechts.“ - Aiman Mazyek

„Menschenrechte für alle“ ist das diesjährige Motto der Internationalen Wochen gegen Rassismus (IWgR). Diese finden bundesweit überwiegend vom 11.-24. März 2024 statt.  „Angesichts des zunehmenden Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus sowie des Rechtsrutsches haben die Internationalen Wochen gegen Rassismus in diesem Jahr eine besondere Bedeutung. Zum UN-Tag gegen Rassismus am 21. März rufen wir daher gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag zu `Rundgängen für Demokratie und gegen Rassismus´ auf“ – so Jürgen Micksch, Vorstand der Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus.

Mit einer Kranzniederlegung und einem gemeinsamen Gebet wird morgen (Montag 19.02.2024) in Hanau der Opfer des Anschlags vom 19. Februar 2020 gedacht. "Das Miteinander in Hanau ist seit dem 19. Februar 2020 sensibler geworden. Schon in den ersten Stunden und Tagen haben die Hanauerinnen und Hanauer in tiefer Betroffenheit und großer Solidarität der Opfer dieses rassistischen Anschlags gedacht und ihr Mitgefühl gezeigt, auch den Angehörigen gegenüber. Dieses Gedenken wird niemals enden in Hanau", erklärte Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) am Donnerstag.


Kaminsky wies auf eine Vielzahl von Gedenkveranstaltungen hin, die rund um den vierten Jahrestag stattfinden. Demnach bieten Vereine, Schulen, Kirchen und Organisationen zahlreiche "Formen der Diskussion, Teilhabe, Trauerarbeit und zukunftsgerichtetem Engagement für ein friedliches Leben" an. "Das erfüllt mich mit Stolz und ist gerade heute wichtiger denn je", sagte Kaminsky. Am 19. Februar 2020 wurden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov von einem rassistischen Attentäter in Hanau ermordet. Das zentrale Gedenken von Stadt und Land findet am Montag auf dem Hauptfriedhof statt. Um 11.00 Uhr werden dort der stellvertretende hessische Ministerpräsident, Kaweh Mansoori, und Kaminsky an die Opfer erinnern. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die aus Hessen stammt, hat ihre Teilnahme zugesagt. An der Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof wird es eine Kranzniederlegung geben. Das stille Gedenken, bei dem es auf ausdrücklichen Wunsch der Opferangehörigen keine politischen Reden auf dem Friedhof geben wird, ist öffentlich. Bereits für 10.00 Uhr ist ein Gebet von Imam Macit Bozkurt (Islamischer Verein Hanau) an den Gräbern der auf dem Hauptfriedhof Bestatteten und den Erinnerungstafeln für die Opfer des 19. Februar geplant. Um 10.45 Uhr wird Bozkurt im Eingangsbereich des Hauptfriedhofs aus dem Koran rezitieren. Auf dem Friedhof in Dietzenbach findet um 14.00 Uhr das Gedenken für Sedat Gürbüz statt, an dem städtische Vertreterinnen und Vertreter teilnehmen. Auch an den weiteren Grabstätten in Deutschland und anderen Ländern finden Blumen- beziehungsweise Kranzniederlegungen statt.



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